Sammelgebiete im afas
Das afas sammelt generell Materialien aus dem breiten Spektrum der linken und alternativen Bewegungen, aus Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen etc. Exemplarisch sind hier einige spezielle Sammlungen detailllierter beschrieben.
Die
Studentenbewegung der 60er und 70er Jahre hat auch gesamtgesellschaftlich viel
Aufsehen erregt. Der Protest richtete sich nicht nur gegen Mißstände an den
Universitäten, sondern bezog sich auch auf die Gesellschaft und die Politik.
Die Themen waren vielfältig: die Misere an den Hochschulen, die deutsche
Vergangenheit und Gegenwart, internationale Konflikte. Man suchte nach
alternativen Lebensformen, bildete Studienkollektive, besetzte Häuser, lebte in
Kommunen und Wohngemeinschaften. Ab Ende der 60er Jahre sprossen neue
(studentische) Parteien und Gruppen aus dem Boden, aus denen sich in den 70er
Jahren neue Bewegungen und Milieus bildeten: Maoisten, Revisionisten, Spontis,
Frauengruppen, Öko- und Alternativgruppen - ohne starke studentische
Beteiligung wären alle diese Bewegungen nicht denkbar gewesen. Seit den 80er
Jahren ist die Euphorie vorbei, doch geblieben ist ein breites Spektrum von
alternativen und gegenkulturellen Gruppen. In den Auseinandersetzungen des
Alltags kämpfen immer mehr Gruppen nicht mehr für den Sozialismus oder das
sozialistische Studium, sondern um konkrete Alternativen und Erfolge im Detail.
Das
afas bemüht sich, aus den sehr bewegten Zeiten der 60er und 70er Jahre
Dokumente zusammenzutragen. Dies ist nicht leicht: viele AStA-Archive sind
schlecht geführt, und das afas wurde erst 1985 gegründet, weit nach dem
Höhepunkt der Studentenproteste. Die Publikationen einiger Asten und
Hochschulgruppen werden kontinuierlich gesammelt, um so exemplarisch die
Beschäftigung mit studentischen Aktivitäten zu ermöglichen. Große Bestände seit
den 70er Jahren liegen vor aus den Städten Bochum, Bonn, Düsseldorf, Essen,
Köln und Münster.
Das
Sammelgebiet ‚Universitäten‘ gehört zu den größten des Archivs. Insgesamt 650
Zeitschriftentitel sind in der Datenbank erfaßt, weitere 250 auf Karteikarten.
Knapp 500 Broschüren stehen im Broschürenkatalog. Viele weitere Publikationen,
z.B. alternative Vorlesungsverzeichnisse, Erstsemesterinfos, Infos von Lesben-
oder Schwulenreferaten, AStA-Ratgeber oder Streik-Infos sind nicht
katalogisiert, aber in den Bestand integriert und benutzbar.
Die
Studentenbewegung der 60er Jahre wollte nicht nur die Studenten bewegen, ihre
Proteste und Aktionen bezogen sich nicht nur auf die Lehrinhalte und
Prüfungsbedingungen an den Hochschulen. Man beschäftigte sich auch mit der
Geschichte der Arbeiterbewegung und entdeckte die Arbeiterklasse als
revolutionäres Subjekt. Da die bestehenden Gewerkschaften und Betriebsräte
nicht radikal genug waren, gründete man eigene Arbeiterparteien oder baute
oppositionelle Gewerkschaftsgruppen auf. Maoisten, Revisionisten (wie die an
der DKP und der DDR orientierten Gruppen genannt wurden), Trotzkisten und
Spontis machten Betriebsarbeit und gaben Betriebszeitungen heraus, die in aller
Herrgottsfrühe vor den Werkstoren verteilt wurden. Die meisten dieser
Betriebszeitungen erschienen in kleinsten Auflagen und sind heute verschollen.
Der
EDV-Zeitschriftenkatalog des afas weist rund 200 Zeitschriftentitel nach, gut
ein Drittel davon stammt aus den Städten Duisburg, Essen, Bochum,
Recklinghausen und Dortmund. Wenige Titel stammen aus den 60er Jahren, die
meisten aus den 70er und 80er Jahren. Etwa die Hälfte der Titel ist von
Parteien, die andere Hälfte von unabhängigen Gruppen herausgegeben. Der
Broschürenkatalog weist 160 Titel nach.
Wenn auch immer noch vieles
im argen liegt, kann man die Neue Frauenbewegung als durchaus erfolgreich
bezeichnen. Viele Forderungen, die in den 70er Jahren noch als Provokation
aufgefaßt wurden, sind heute - zumindest auf dem Papier - umgesetzt.
Entsprechend haben sich auch die Themen verlagert, die in den alternativen
Frauenpublikationen behandelt werden.
Die frühesten Dokumente im
afas zum Schlagwort ‚Frauen / Lesben‘ stammen aus der Anfangszeit der Neuen
Frauenbewegung, den frühen 70er Jahren. Der Bestand insgesamt umfaßt rund 400
Zeitschriftentitel und etwa 850 Broschüren. Die Bestände sind sehr breit
gefächert; so verzeichnet z.B. der Broschürenkatalog Klassikerinnen der
Frauenbewegung, in Handarbeit erstellte Broschüren von Selbsthilfegruppen, aber
auch Dokumente aus der Anfangszeit der Grünen oder der
Frauengleichstellungsstellen.
Die außerparlamentarische
Opposition hatte sich von Anfang an die internationale Solidarität auf die
Fahnen geschrieben. Je nach den politischen Entwicklungen und Ereignissen
wechselten die regionalen Schwerpunkte des Engagements.
Die Sammlung umfaßt rund
1.100 Zeitschriftentitel und rund 2.900 Broschüren, die zeitlich in den 50er
Jahren einsetzen und thematisch die gesamte Vielfalt der Solidaritätsgruppen
und ihrer Aktivitäten widerspiegeln. Das reicht von Publikationen zu Algerien
über solche zu Vietnam, Persien, Kuba, Chile, Nicaragua, Mosambik, Südafrika,
Südasien und viele andere bis hin zu den Materialien der Anti-IWF-Kampagne oder
den aktuellen Kampagnen für fairen Handel. Dieses Sammelgebiet wurde mit Hilfe
von Projektmitteln des Landes NRW im Jahr 2000 ergänzt und ausgebaut.
Die deutsche
Anti-Apartheid-Bewegung hat von 1974 – 1994 zahlreiche Aktionen gegen die
Apartheid-Politik in Südafrika und Namibia initiiert und durchgeführt. Sie war
ein sehr aktiver Bestandteil des internationalen politischen und letztlich
erfolgreichen Widerstands gegen die von der UNO wiederholt verurteilte
Rassentrennung.
1999 hat das afas die
umfangreiche Sammlung von Dokumenten der AAB übernommen und gesichert. Die
Sammlung enthält überwiegend Dokumente, Periodika und Broschüren aus dem
deutschsprachigen Raum. Dazu kommen Plakate, Transparente, Tonträger, Fotos,
eine Ausstellung und eine kleine Bibliothek. Da die AAB international vernetzt
war, gehören zum Bestand auch Materialien von Anti-Apartheid-Gruppen aus der
ganzen Welt, v.a. aus den Niederlanden und Großbritannien. Selbstverständlich
sind auch Dokumente aus Südafrika und Namibia vorhanden, sowohl aus dem
Widerstand als auch von Befürwortern der Apartheid.
Mit Hilfe von Fördermitteln
der Nordrhein-Westfälischen Stiftung für Umwelt und Entwicklung wurde diese
Sammlung in den Jahren 2002 – 2004 erschlossen und damit für die
(wissenschaftliche) Aufarbeitung nutzbar gemacht. Über 1.000 Aktenordner wurden
gesichtet und detailliert in einer Datenbank erfaßt. Rund 2.000 Broschüren und
Dokumentationen sowie über 600 Zeitschriften wurden katalogisiert, die
Katalogisate wurden z.T. mit ausführlichen Zusatzinformationen versehen. Der
Zeitschriftenkatalog steht online zur Verfügung, die anderen Dokumente sind in
der afas-Datenbank im Archiv recherchierbar. Über ein Internetportal der
Universität Michigan besteht eine internationale Vernetzung, und es entwickelt
sich eine Kooperation mit Archiven aus Südafrika und Namibia.
Im Gefolge dieses Projekts
hat das afas bereits zwei weitere wichtige Sammlungen sichern können. Im Jahr
2001 wurde vom Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) ein
bedeutender Teil seiner Dokumente übernommen. Im Januar 2005 kamen große Teile
des Archivs des Arbeitskreises Afrika Bielefeld (AKAFRIK) dazu, eine
ausgezeichnete Ergänzung der AAB-Sammlung. Die Erschließung der
AKAFRIK-Sammlung wird Anfang 2006 abgeschlossen.
Ende der 70er Jahre hat sich
die Grüne Partei gegründet. Sie ist nach langwierigen Diskussionen aus
verschiedenen Milieus der Neuen Linken hervorgegangen. Ein Teil der
außerparlamentarischen Opposition war damit in den Parlamenten von Bund und
Ländern, aber auch in den Gemeinde- und Stadträten angekommen. Rudi Dutschke, einer
der Wortführer der 60er Jahre-APO, der sich Ende der 70er Jahre an den
Gründungsdiskussionen der Grünen Partei beteiligte, sprach in diesem
Zusammenhang von der Notwendigkeit, neben dem parlamentarischen Spielbein auch
ein außerparlamentarisches Standbein zu haben.
Das afas hat viele
Publikationen von Grünen Orts- und Kreisverbänden aus NRW, aber auch
programmatische Materialien der NRW-Landesgeschäftsstelle, der Grünen
Landtagsfraktion NRW und der Bundespartei gesammelt.
Dadurch kann anhand von Originaldokumenten
empirisch überprüft werden, wie parlamentarische und außerparlamentarische
Arbeit miteinander verknüpft wurden.
Insgesamt liegen 380 Grüne
Periodika und über 500 Broschüren katalogisiert und verschlagwortet vor, davon
sind 300 Periodika und 250 Broschüren aus NRW. Außerdem gibt es Grüne Plakate
aus NRW und von der Bundespartei.
Musik gehörte von Anfang zu
einem alternativen Lebensgefühl, der politische Protest hatte immer auch einen
musikalischen Arm. Musik war oft, jenseits aller politischen Streitereien, der
kleinste gemeinsame Nenner. Daß nach Demonstrationen und Kundgebungen
Polit-Rockgruppen spielten, gefiel fast allen. War ja auch am schönsten, wenn
Kopf und Bauch zufriedengestellt werden konnten, wenn nach Reden und
politischen Analysen noch getanzt werden konnte.
Dann, es muß gegen Ende der
70er Jahre gewesen sein, kam die Überraschung: es gab eine Musik nach der
Rockmusik. Mit Punk fing es an, die Szene splitterte sich immer weiter auf,
wurde immer undurchsichtiger und spezialistischer. Während der Mainstream seine
Bastionen ausbaute, monopolistische Labels die Musikwelt eroberten und
bundesweit die Radioanstalten einen hirn- und gehaltlosen Dudelfunk
installierten, blühte der musikalische Untergrund auf. Der technische
Fortschritt ermöglicht es heute auch Bands und Milieus, die kein Geld haben,
CDs zu produzieren oder Fanzines herauszugeben. Gegen die Gleichschaltung durch
die Großen setzte man die Gegenöffentlichkeit der Kleinen. Der Kosmos der Fanzines
ist unüberschaubar geworden und es gibt inzwischen Fachliteratur, die sich mit
feministischen Comic-Zines, Artcore-Zines, Social Beat-Fanzines oder Oi-Musik
beschäftigt.
Im afas sind über 400
Fanzines verzeichnet, 80 davon mit größeren Beständen.
SPEX erscheint seit 1980.
Seitdem ist sie eine der wichtigsten unabhängigen Musikzeitungen. Die
RedakteurInnen haben die Ohren nah an der Independent-Szene, berichten über
Trends und neue Bands, wenn diese noch (fast) unbekannt sind, beteiligen sich
an den politischen Diskussionen der Neuen und Musikalischen Linken, besprechen
Bücher, Fanzines und Filme. Die Zeitschrift ist nicht, wie viele andere, mit
den RedakteurInnen gealtert, weil die Redaktion mehrfach gewechselt hat,
zuletzt zur Jahreswende 1999/2000. So ein Umbruch gleicht immer einem Aufbruch
ins Ungewisse.
Wer etwas über das
Lebensgefühl einer progressiven, alternativen Jugendszene der 80er und 90er
Jahre wissen will und die Musik, die ‚in‘ war, der liest auch heute noch in
alten SPEXen nach. SPEX-Artikel werden benötigt für Seminar-, Diplom- oder
Doktorarbeiten, aber auch Journalisten sind für Recherchen auf diese
Informationen angewiesen. Dadurch, daß sich einige SPEX-Redakteure von früher
auch heute noch als Künstlerinnen (Jutta Koether), Journalisten (Diedrich
Diederichsen), Schriftsteller (Rainald Goetz) oder gar Turner-Preisträger
(Wolfgang Tillmans) in die öffentlichen Debatten einmischen, bleiben auch alte
Beiträge von ihnen interessant..
Das afas hat die SPEX-Ausgaben
der Jahre 1980 - 2002 komplett ausgewertet und eine Datenbank aller Artikel,
Platten-, Buch- und Filmbesprechungen aufgebaut. Neben dieser Datenbank mit
ihren über 22.000 Einträgen, in der sehr umfassend recherchiert werden kann
(„es gab mal ‘ne LP, die hieß irgendwas mit ‚rain‘, den Musiker hab ich
vergessen, könnt Ihr mir da helfen?“), hat das afas zwei gedruckte
Registerbände veröffentlicht, in denen alle besprochenen MusikerInnen, Bands,
Schriftsteller und Regisseurinnen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt
sind, mit Hinweisen auf alle erschienenen Artikel, Heftnummer und Seite. Im
Jahr 2004 erschien das ‚Register von 1980 - 2002 als CD mit komfortablen
Suchfunktionen.
Näheres zur Nutzung der
SPEX-Datenbank und zu den Registern s. unter Nutzungsmöglichkeiten und
Publikationen.
Wenn in politischen Debatten
die Sprache bis zum Bersten strapaziert und die Zukunft aus Schnee von gestern
modelliert wird, wenn die Empfindungen stumpf werden ob all der Hohlheiten,
wenn man den Kopf in den Sand stecken möchte, um dem Nebelwerfer zu entgehen,
wenn man einfach weglaufen möchte, dann hilft manchmal ein literarischer Text
mit einer Sichtweise quer zu allen Konventionen.
Das afas sammelt auch
literarische und künstlerische Zeitschriften, die jenseits des Mainstreams
erscheinen und sich kritisch mit gesellschaftlichen und künstlerischen Fragen
auseinandersetzen. Viele der Zeitschriften erscheinen im Selbstverlag in
kleinen Auflagen und sind nur einem kleinen Leserkreis bekannt, da sie allein
über die Redaktion oder wenige, ausgewählte Buchläden zu erwerben sind.
Die Kataloge des afas weisen
rund 500 Zeitschriftentitel und 270 Broschüren nach.
2001 hat das afas das
‚Handbuch deutschsprachiger Literaturzeitschriften‘ herausgegeben. Für dieses
Buch hat das afas eng mit dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach und der
Deutschen Bibliothek in Frankfurt/M. zusammengearbeitet. In der Folge dieser
Arbeit entstand eine Vernetzung mit dem Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf.